Die primäre und die sekundäre Verblockung erleben – nicht zuletzt im Windschatten der Implantologie- eine Renaissance.

Früher wurde innerhalb prothetischer Restaurationen aus Stabilitätsgründen möglichst viel verblockt. Aufgrund der anfangs sehr ungenauen Betrachtung parodontologischer Aspekte von prothetischen Rehabilitationen kam die Verblockung zeitweise in Verruf, weil man sie für Entstehung und Unterhalt der Parodontitis verantwortlich machte. Die Abkehr von der Verblockung hatte jedoch zur Folge, dass viele Zähne, die innerhalb einer Verblockung für viele Jahre erhalten werden konnten und zur Stabilität der Gesamtkonstruktion beitrugen, nunmehr vor der prothetischen Rehabilitation extrahiert wurden, weil sie als Einzelzähne zu schwach waren, um langfristig als Pfeiler für stabilen Zahnersatz zu dienen.

Das alte Dogma „Es muss aus Stabilitätsgründen möglichst viel verblockt werden“ wurde dabei überhastet durch ein neues Dogma „Es darf aus parodontologischen Gründen möglich wenig verblockt werden“ ersetzt.

Heute wissen wir, dass beide Lehrmeinungen falsch waren. Es war nämlich nicht die Verblockung an sich, die eine parodontale Erkrankung auslöste und/oder unterhielt, sondern vielmehr ihre ungünstige und parodontologisch ungesunde technische Gestaltung (großflächig über die ganze Länge der Krone anstatt punktförmig am Kontaktpunkt), die für die negativen Folgen verantwortlich war, weil unerläßliche Hygiene-Maßnahmen erschwert oder gar unmöglich gemacht wurden.

In der Folge dieser Erkenntnisse würde man deshalb heute besser formulieren:

„Es muss hygienegerecht verblockt werden, was aus Gründen der Schwäche von Einzelpfeilern und der Stabilität der prothetischen Gesamtrehabilitation verblockt werden muss, es braucht aber nicht verblockt werden, was aus den gleichen Gründen nicht unbedingt verblockt werden muss. Das eine mit dem Blick auf Vergangenheit und Zukunft vom anderen zu unterscheiden, ist zahnärztliche Kunst.“

Nicht nur aus Gründen der Ästhetik drängt sich insbesondere bei Einzelkronen im Frontzahnbereich die sekundäre Verlötung am Kontaktpunkt geradezu auf, da die Gesamtkonstruktion zum einen aufgrund der leicht steuerbaren kleinen Größe der Verbindung optimale Hygienevoraussetzungen bietet, zum anderen jedoch optisch praktisch nicht von einer Versorgung mit Einzelkronen zu unterscheiden ist.

Die Kronen werden dabei als Einzelkronen hergestellt, mit Temporan beschickt einprobiert (wodurch sich zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit zum Probetragen eröffnet), bei Gefallen und Passgenauigkeit im Mund mit Palavit G (unter sich gehende Retentionen herstellen!) großzügig verblockt und mit einem Impregum-Überabdruck entnommen. Dabei wird Abdruckmaterial mit der Impregum-Spritze unter die unter sich gehenden Stellen gespritzt und möglichst unterhalb der Kontaktpunkte durchspritzt, um die unabdingbar sichere Fixierung im Abdruck zu gewährleisten. Dabei muss darauf geachtet werden, dass sich dabei die Gesamtkonstruktion nicht von den Stümpfen abhebt, also die mit Palavit-G verblockte Gesamtkonstruktion vor Einbringen des mit Impregum beschickten Löffels noch einmal kräftig auf die Stümpfe gedrückt werden.

Leider stellt die sekundäre Verlötung hohe Ansprüche an das Labor und ist für den Unerfahrenen mit einigen Risiken behaftet, so dass die Techniker anfangs nicht gerade mit Begeisterung auf ein solches Ansinnen reagieren.

Bei der folgenden Patientin handelt es sich um eine Bruxerin mit sekundärem Engstand der UK-Front mit der Folge rezidivierender Frontzahntraumen, mäßigem Knochenabbau mit gerade beginnender Auffächerung und leichten Lockerungsgraden der bereits vielfach gefüllten Zähne (einige Wurzelfüllungen). Vorteilhaft ist in diesem Falle, dass aufgrund der sehr großen Füllungen und der deutlich ausbrechenden bereits gefüllten Zahnhälse die Entscheidung für die Überkronung auch der Vierer erleichtert wurde. Patienten mit starker Tendenz zur Protrusion der OK-Frontzähne sind nämlich sehr wohl in der Lage, auch einen Kronenblock von 3 auf 3 zu protrudieren. Sind jedoch die Vierer als erste Zähne des Seitenzahnbereichs mitverblockt, gelingt ihnen das in der Regel nicht mehr.

Eine solche Versorgung ist naturgemäß nur mit Metallkeramikkronen zu realisieren. Natürlich haben diese (in Abhängigkeit von den Fähigkeiten des jeweiligen Technikers) geringfügige ästhetische Nachteile. Die Frage muss jedoch erlaubt sein, ob Zahnersatz (mit hoher Wahrscheinlichkeit nur) kurzfristig noch schöner sein muss, wenn er langfristig die folgenden ästhetischen und funktionellen Vorteile bietet:

* Die Einzelzähne werden im Verbund stabilisiert, es wird also viel weniger häufig zu einer Kronenfraktur eines wurzelgefüllten, schwachen Einzelpfeilers kommen, zumal durch die Verblockung auch bei stark vorgeschädigten Zahnkronen auf Stiftaufbauten in der Regel verzichtet werden kann.

* Auf die Front einwirkende protrusive Kräfte werden auf viele Pfeiler verteilt, so dass es in einem ersten Schritt nicht zu der typischen reaktiven Girlandenbildung des Gingivasaumes mit der mittelfristigen Folge vestibulären Knochenabbaus mit der zwangsläufigen Folge freiliegender Kronenränder kommen wird. Auch ausbrechende Zahnhälse und Auffächerungen mit Lückenbildung werden zuverlässig vermieden.

* Die bereits eingetretenen leichten Zahnlockerungen werden nicht im Laufe der Jahre zunehmen, sondern sich vielmehr zurückbilden und die verbreiterten Parodontalspalten (typisches röntgenologisches Zeichen der Überlastung) werden sich wieder auf ein Normalmaß reduzieren.

Mit anderen Worten:

Diese gleichermaßen ästhetische wie ausgesprochen funktionelle Versorgung wird sehr langfristig genau so aussehen, wie sie unmittelbar nach dem definitiven Einsetzen ausgesehen hat. Der Knochenabbau (und damit die Gingiva-Retraktion) wird nicht durch Überlastung beschleunigt werden, sondern nur noch im Rahmen des ganz normalen Schwundes bei fortschreitender Jugend voranschreiten. Es versteht sich von selbst, dass anlässlich der regelmäßigen Routineuntersuchungen darauf zu achten sein wird, dass es aufgrund des möglichen Fortschreitens des sekundären Engstandes der UK-Front nicht zu neuen Frühkontakten im Front- und Eckzahnbereich kommt.