Klar, wir reißen uns auch nicht darum, jede Menge Kinder zu behandeln. Man muss sich plötzlich runter beamen, sich noch mehr Zeit nehmen als sonst, alles genau erklären, es dauert fürchterlich lange und ist mehr psychologisch als medizinisch anspruchsvoll, dafür aber um so schlechter bezahlt.

Was uns an der Kinderbehandlung aber gefällt, ist, dass man sie (im Gegensatz zu den eigenen…..) nur alle halbe Jahr kurz sieht und dabei das Heranwachsen und die Veränderungen, die sie so durchmachen, im Zeitraffer präsentiert bekommt. Beim letzten Mal war da irgendwie noch ein kleines Mädchen, und plötzlich kommt da eine junge Frau herein (gilt sinngemäß auch für Jungs, die haben plötzlich einen Bart). Deshalb möchten wir die Kinderbehandlung nicht missen, auch wenn einem ständig vor Augen geführt wird, wie schnell man selbst so dahinaltert.

In Ballungsräumen etablieren sich jetzt mehr und mehr sogenannte „Kinderzahnarzt“-Praxen. Man denkt sich, sie wären kindgerecht eingerichtet, ganz auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet, die Behandler und das Personal würden noch mehr Zirkus machen als man selbst, um die Kinder mit viel Zeit und Geduld dazu zu bringen, sich behandeln zu lassen.

Dass das zumindest nicht in allen Kinderzahnarzt-Praxen so ist, zeigt dieses Beispiel aus München aus unserem (absolut glaubwürdigen) engen Bekanntenkreis:

Sohn, gut 4 Jahre alt, erster Zahnarztbesuch, da im Kindergarten Karies entdeckt wurde, Kinderzahnarzt im Kindergarten empfohlen.

Es wird nicht einmal der Versuch unternommen, das Kind einer normalen Behandlung unter lokaler Schmerzausschaltung zuzuführen. Die Zahnärztin/der Zahnarzt schaut vielmehr kurz in den Mund, dann verabreicht einer der beiden Anästhesisten Dormikum oral. Nach Eintritt der Wirkung wird mit der Behandlung am 85 begonnen. Nach einer Weile fängt das Kind an zu schreien. Jetzt erst wird eine Lokalanästhesie verabreicht. Das Kind, schon ziemlich auf dem Horror, schreit weiter, behält den Mund aber offen. Die Behandlung wird trotzdem abgebrochen und die Kavität provisorisch verschlossen. So ginge das nicht, erklärt man dem Vater, man müsse in Intubationsnarkose behandeln, schließlich müssten im Unterkiefer (75,85) zwei Zähne für Kronen beschliffen werden, und auch im OK seien zwei Füllungen nötig (der 55 ist völlig kariesfrei, nicht einmal eine verfärbte Fissur, am 65 kann man mit viel Phantasie an einer Verfärbung erkennen, dass sich da vielleicht einmal eine behandlungsbedürftige Karies entwickeln wird).

Galerie:

 

Die Helferin vergibt einen Termin in einer Woche um 15 Uhr. Bis dahin solle das Kind nüchtern bleiben. Wie sie sich das denn vorstelle, fragt der Vater, und verweigert die Intubationsnarkose, weil er das Risiko einer Vollnarkose im Verhältnis zur Behandlung von Milchzahnkaries als inadäquat betrachtet. Dann müsse man halt an 4 Terminen 4 mal mit Dormikum behandeln, erklärt die Zahnärztin/der Zahnarzt, mehr als einen Zahn auf einmal könne sie/er so nicht behandeln. Diese Behandlung auf diese Art  sei sehr wichtig. Man müsse schließlich dafür Sorge tragen, dass sich bei den Kindern keine Angst vorm Zahnarzt entwickele!

Nach dem üblichen Kinder-Zirkus und jeweiliger Leitungsanästhesie haben wir nach Entfernung der Karies beide Zähne in getrennten Sitzungen mit Kunststoff-Füllungen in Säure-Ätz-Schichttechnik definitiv versorgt. Wie man sieht, hat sich der kleine Mann sogar brav photographieren lassen. Beim Zahn 65 warten wir einfach zu und beobachten die Entwicklung. Zum Glück werden Kinder ja älter und verständiger.