Vorausschicken muss man in diesem Fall unbedingt, dass es sich bei der ca. 40jährigen Patientin um eine promovierte Akademikerin handelt, die in der Anamnese sehr klar strukturierte, logisch nachvollziehbare Angaben macht.

Nach Abschluss ihrer kieferorthopädischer Behandlung, zu der sie von ihrem Zahnarzt an „seine“ Kieferorthopädin überwiesen worden war, sei sie von diesen vor ca. 8 Jahren mit Brücken im Unterkiefer behandelt worden.

OPT im Dezember 2005 mit deutlichem horizontalem Knochenabbau und massiven vertikalen Einbrüchen, insbesondere im Bereich zwischen 16 und 17 und distal 35. Alle röntgenologischen Zeichen der Überlastung sind vorhanden. Für den Erfahrenen eine typische, röntgenologische „Ein-Blick-Diagnose“: Massive Frühkontakte auf 17 mit anschließendem Abgleiten und Traumatisierung von 35 (Klick!)

Sie habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass die Brücken „richtig passten“ und deswegen mehrfach ihren behandelnden Zahnarzt aufgesucht, der jedoch beteuert habe, mit seinen Brücken sei alles in Ordnung, und nichts unternommen habe. Als sich in der Folge erhebliche Kiefergelenksbeschwerden einstellten, habe sie in ihrer Verzweiflung ihre Kieferorthopädin aufgesucht. Diese habe sie untersucht und gesagt, die Okklusion stimme nicht, die Brücken seien viel zu hoch und müssten dringend eingeschliffen werden. Sie habe dann mit dieser Diagnose ihren Zahnarzt aufgesucht. Dieser habe in ihrer Anwesenheit mit der Kieferorthopädin telefoniert, wobei es zu lautem Streit gekommen sei. Ihr Zahnarzt habe daraufhin gesagt, dass die Kieferorthopädin keine Ahnung habe, seine Brücken in Ordnung seien und vielmehr eine kieferorthopädisch nicht korrekt eingestellte Bisslage für die Beschwerden verantwortlich sei. Wenn die Kieferorthopädin, der er nie wieder einen Patienten zuweisen würde, es nicht könne, dann müsse er es eben selber machen. Daraufhin habe er sie herausnehmbar kieferorthopädisch behandelt. Die Spange habe sie mehrere Jahre getragen. Die Beschwerden seien in der Folge teilweise gebessert gewesen, jedoch immer wieder exazerbiert. In letzter Zeit sei es wieder deutlich schlimmer geworden, weshalb sie jetzt den Behandler wechseln wolle.

In einem ersten Ansatz wurde der verlängerte 17 massiv eingekürzt, durch Einschleifen der Brücken in entspannter Zentrik gleichmäßiger Kontakt auf allen Seitenzähnen hergestellt, eine adjustierte Aufbisschiene eingegliedert und eine geschlossene PAR-Behandlung durchgeführt. Unter dieser Therapie wurde die Patientin schnell beschwerdefrei.

Wir hoffen nicht, dass sich dieser neue Therapieansatz, eine misslungene prothetische Versorgung durch kieferorthopädische Maßnahmen zu korrigieren, allgemein durchsetzen wird.