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Triplette

Sonntagesfälle hat (fast) jeder. Wenn es gar keine Fälle mit apikaler Ostitis gäbe, die allein unter der Anwendung von Ca(OH)2 ausheilen würden, würde es ja niemand anwenden. Ca(OH)2 ist ja zweifellos ein gutes Medikament und ein potentes Desinfektionsmittel. Leider ist es für die alleinige Anwendung in der Endodontie nicht potent genug. Aber das ist ja schon seit beinahe ca. 80 Jahren bekannt, nachdem es von Otto Walkhoff als für die "Anwendung in der Endodontie viel zu mildes Antiseptikum" verworfen worden war. 

Wie schützt man sich also vor der Behauptung, man würde nur seine Sonntagsfälle zeigen? Zum einen zweifellos durch die Menge der gezeigten Fälle und ihre Schwere. Don't tell me, show me! Es gibt wohl keine Homepage in Deutschland (weltweit?), auf der so viele ausgeheilte Fälle gezeigt werden wie auf dieser. Ein weiteres ausgesprochen Mittel ist, Fälle zu zeigen, in denen es beim selben Patienten zu Ausheilungen bei unterschiedlichen, aber in allen Fällen schwierigen Ausgangssituationen kommt. Die kumulierte statistische Wahrscheinlichkeit, dass es im folgenden Fall an allen Zähnen zur vollständigen röntgenologischen Ausheilung kommt, wenn man nach dem so genannten Goldstandard der endodontologischen Spezialisten behandeln würde, tendiert mit Sicherheit ganz entscheidend gegen Null. 

Wenn es sich nicht um eine Zyste, sondern um eine einfache Aufhellung handelt, resorbiert sich ein überpresster, außerhalb des Wurzelkanals resorbierbarer Sealer wie beispielsweise Endomethasone N relativ schnell. Da man eine Zyste röntgenologisch nicht sicher von einer einfachen Aufhellung unterscheiden kann, kommt man - wenn man diese sicher voraussagbar ausheilen will - jedoch nicht umhin, Zugang zur Aufhellung für das Desinfektionsmittel zu schaffen. Das wiederum hat allerdings zur Folge, dass man relativ leicht überpresst, wenn andere als zystische Hohlräume vorhanden sind. Dass irgendwelche Hohlräume vorhanden sein müssen, wenn man überhaupt überpresst, versteht sich eigentlich von selbst. Denn wenn kein Hohlraum vorhanden wäre (und seien es nur ein verbreiterter Parodontalspalt oder entzündlich aufgelockerte Knochenstrukturen), könnte man ja nichts überpressen. Klingt ziemlich logisch, oder?

Bleibt die Frage, warum ein resorbierbarer Sealer nur außerhalb des Wurzelkanalssystems resorbiert wird und nicht auch im Wurzelkanal. Diese Frage ist bereits vor 100 Jahren durch Otto Walkhoff überzeugend beantwortet worden. Resorbiert wird nur da, wo Stoffwechselaktivität herrscht. Erhöhte Stoffwechselaktivität herrscht da, wo entzündliche oder reparative Vorgänge ablaufen. Innerhalb des vollständig desinfizierten Wurzelkanals findet keine solche Aktivität satt, außerhalb sehr wohl. Im Rahmen der reparativen Vorgänge nach ausgeheiltem bakteriellen Infekt wird also der überpresste Sealer unter knochendichter Ausheilung resorbiert.

Wird der Sealer auch innerhalb des Wurzelkanals resorbiert, so zeigt das, dass zu einem Zeitpunkt definitiv abgefüllt wurde,  zu dem der bakterielle Infekt (noch) nicht ausgeheilt war. Jetzt versteht man besser, warum von einigen Autoren immer wieder nacherzählt wird, dass außerhalb des Wurzelkanalsystems resorbierbare Sealer gelegentlich auch innerhalb des Kanals resorbiert werden. Klingt ziemlich logisch, oder? Klingt nicht nur so, sondern wird durch unsere klinische Erfahrung bestätigt: Wir sehen keine Fälle, in denen Endomethasone N (da ist übrigens kein Formaldehyd drin, deshalb N wie neu, vielleicht spricht sich das ja endlich einmal auch an der Hochschule herum) im Wurzelkanal resorbiert wird.

Akute Gangrän an Zahn 16 unmittelbar nach WF mit Überpressen von Endomethasone N in eine Aufhellung im Juli 2002 (Klick!)

Im Februar 2005 ist der Sealer bereits weitgehend resorbiert (Klick!)

Im April 2008 ist der Sealer unter röntgenologisch knochendichter Ausheilung nur außerhalb des Wurzelkanals vollständig resorbiert (Klick!)

Im Gegenkiefer derselben Patientin ein endständiger Siebener mit Wurzelkaries und Verdacht auf Ausbildung einer apikalen Zyste. Der Mandibularkanal erscheint nach kaudal verdrängt. Nach "Apiken" der Aufhellung durch Überinstrumentieren mit einer 15er Feile entleert sich reichlich dunkles, blutig-seröses Exsudat, wodurch der Anfangsverdacht erhärtet wird. Daraufhin wird das Foramen apikale bis auf Isogröße 40 erweitert.

Ausgangsbefund nach Füllungsverlust an Zahn 47 und vestibulär druckdolenter Knochenauftreibung unmittelbar vor der Aufbereitung im frühen Juni 2000 (Klick!)

Unmittelbar nach WF im späten Juli 2000 (Klick!)

1. Verlaufskontrolle im November 2001 bei klinischer Beschwerdefreiheit (Klick!)

2. Verlaufskontrolle bei anhaltender klinischen Beschwerdefreiheit im März 2003. Der überpresset Sealer wird nur sehr langsam resorbiert. Der Mandibularkanal scheint jedoch wieder gerade zu verlaufen.   (Klick!)

3. Verlaufskontrolle im April 2008 bei vollständig röntgenologisch knochendichter Ausheilung. Auch nach 8 Jahren ist immer noch überpresster Sealer nachzuweisen. Der Mandibularkanal imponiert völlig unauffällig und die Patientin ist weiterhin völlig beschwerdefrei (Klick!)


Im dritten Quadranten musste eine Revision wegen einer beschwerdefreien apikalen Ostitis durchgeführt werden (Zufallsbefund). Hier wurde selbstverständlich auch überinstrumentiert, jedoch lediglich ein wenig Sealer in den an einer Stelle erweiterten Parodontalspalt überpresst.

Diesen Zahn haben wir, weil er immer beschwerdefrei und unspektakulär war, bei unseren Verlaufskontrolle im April 2008 schlicht und einfach vergessen. Wir werden die entsprechende Aufnahme bei nächster Gelegenheit nachliefern.

Zahn 35 im August 2000 unmittelbar vor Revision (Klick!)

1. Verlaufskontrolle im April 2003 mit nahezu abgeschlossener röntgenologisch knochendichter Ausheilung (Klick!)

2. Vorlaufskontrolle im April 2008 mit vollständig abgeschlossener knochendichter Ausheilung (Klick!)

Nächster Fall

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