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Master of Praxisruinierung

Bisher hatten wir gedacht, es handele sich um die Folge des für eine Großstadt aufgrund des Überangebots an Zahnärzten typischen zunehmenden Verteilungskampfes. Dieser Fall hat uns eines Besseren belehrt, stammt er doch aus dem eher ländlich geprägten Chiemgau in der Nähe von Rosenheim.

Bei der mit 17 Jahren ältesten ihrer 4 Töchter, einer entfernten Cousine einer unserer Assistentinnen,  hatten die gesetzlich versicherten  Eltern, die nun wirklich alles andere als ausgesprochen wohlhabend sind, eine dunkle Verfärbung  zwischen 21 und 22 bemerkt und einen für sie neuen Zahnarzt in ihrer Gegend aufgesucht. Dieser hatte die Tochter ausgiebig untersucht, Bissflügel angefertigt, sehr viele und schöne Aufnahmen mit einer Dentalkamera angefertigt, sich viel Zeit für die Erläuterung der erhobenen Befunde genommen, ausführlich die Überlegenheit der von ihm angewandten Füllungstechnik erklärt (modernste, sehr aufwendige Technik, absolute Trockenlegung als conditio sine qua non für eine Haltbarkeit von mindestens 10 bis 15 Jahren, die er so garantieren könne, usw.), die vom Vorbehandler im Laufe der Vorjahre gelegten Füllungen in Bausch und  Bogen als völlig insuffizient bezeichnet und sie mit einem Kostenvoranschlag über 4800,- Euro (viertausendachthundert) für sofort und absolut notwendige 30 (dreißig) Füllungen entlassen. Abgerechnet wurde: Goldhämmerfüllung, Faktor 2.9 je Füllung analog, Spanngummi Faktor 3.5 je Zahn, Lokale Fluoridierung Faktor 3.5 je Zahn). Dazu kommen dann noch deutlich mehr als 1000,-Euro, die der gesetzlichen Versicherung in Rechnung gestellt werden sollten.

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 Einmal ganz abgesehen davon, dass der Kollege noch nicht in einem Alter ist, in dem er jemals eine einzige von ihm selbst gelegte Füllung nach 15 Jahren gesehene haben kann, ist es vermessen, in einem solch kariesanfälligen Gebiss eine derart lange Garantie für die Haltbarkeit von mindestens 10 Jahren abzugeben. Das würde der Erfahrene (und Ehrliche) nicht mal bei Amalgamfüllungen machen. Hier muss vielmehr ausgesprochen engmaschig mit Bissflügeln kontrolliert werden.

Man kann sicher darüber streiten, ob man hier jede Entkalkung unmittelbar mit einer Füllung therapiert, oder ob man nicht unter intensiver Fluoridierung (z.B. täglich abends mit Elmex-Gelee beschickte Zahnseide) besser kontrolliert zuwartet und der Remineralisation eine Chance lässt. 

Keinesfalls jedoch kann man darüber streiten, dass es überhaupt keine Begründung dafür gibt, zumindest die eindeutig kariesfreien okklusal-mesialen Flächen von 17, die okklusal-distalen Flächen von 17 und die okklusal-mesialen Flächen von 44 und 34 mit Füllungen zu versorgen, die sich allesamt auf dem Kostenvoranschlag befanden. Das Charmanteste, was man über diesen Kollegen aussagen kann, ist in der Folge, dass er nicht in der Lage ist, Röntgenbilder zu interpretieren.

Was die Füllungen des Vorbehandlers betrifft, so besteht laut Bissflügel an einigen zweifellos der begründete Verdacht auf Sekundärkaries. Bei einigen Füllungen kann es sich aber sicher auch um eine dicke, nicht röntgensichtbare Bondingschicht handeln (sog. pooling). In keinem Falle kann man jedoch behaupten, dass dieser Kollege Schrottfüllungen gelegt hat, die allesamt unmittelbar und sehr dringend entfernt werden müssen, um den Zahnerhalt nicht zu gefährden:

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In einer Großstadt mag man ja einige Zeit damit durchkommen. Auch wenn man auch in München schon beobachten kann, dass einige Kollegen in einen Teufelskreis geraten: (Zu) wenige Patienten, sehr hochpreisige Rechnungsstellung, um die hohen Kosten zu decken, noch weniger Patienten, noch höhere Rechnungen, noch weniger Patienten, usw.). 

 In einer ländlichen Gegend, wo jeder jeden kennt, kann das auf Dauer nicht gut gehen. Das Reden über Krankheiten, Ärzte und Zahnärzte nimmt schließlich in den Gesprächen der Leute einen großen Raum ein. Und dass die Tochter jetzt mit sehr viel weniger Füllungen und in der Folge zu einem Bruchteil der Kosten ordentlich versorgt wird, spricht sich dort garantiert ausgesprochen schnell rum. 

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